Was wäre, wenn du Wut als eine stärkende, schützende und hilfreiche Kraft erkennen könntest und verstehen würdest wieso und wann Wut zerstörerisch, ausbeuterisch und gewaltsam ist? Was wäre, wenn du lernen würdest Wut so einzusetzen, dass sie dich an deine Ziele bringt ohne zu verletzen oder andere Menschen zu missbrauchen? Wie würde dies dein Leben und das deiner Mitmenschen verändern?

→ Dieser Artikel zeigt dir diverse Aspekte der Wut und hilft dir sie differenzierter zu betrachten ←

Zu Beginn möchte ich gern erwähnen: es ist wirklich notwendig, dass wir verstehen, dass Wut und ihre Kraft an sich neutral sind. Sie ist weder gut noch schlecht. Was ausschlaggebend dafür ist, ob du Wut als gut/hilfreich oder schlecht/zerstörerisch erlebst, ist der Kontext und das Maß, in der du Wut erlebst und die Bedeutung, die du ihr gibst. Was das heißt? Es kommt vor allem darauf an, ob in der Situation, in der du dich befindest, Wut überhaupt angebracht ist (Kontext-Frage) und falls ja, wie die Wut kommuniziert/ausgedrückt wird (Maß) und was du dann in Bezug dazu denkst.
Der folgende Vergleich mit dem Feuer macht deutlich wie wichtig Kontext und Maß für eine Bedeutung der Sache / Situation sind.

Wut ist unverwechselbar. Wut ist Adrenalin, Wut ist Aktionsbereitschaft, Wut ist Feuer. Und ob du Feuer als gut oder schlecht empfindest, macht ebenfalls der Kontext sowie das Maß aus. Mit einem Lagerfeuer oder einem warmen Kamin wirst du sehr wahrscheinlich etwas Angenehmes verbinden. Mit einem Haus- oder Waldbrand sicher nicht. Ein Lagerfeuer kann schnell zu einem Waldbrand, ein offener Kamin zu einem Hausbrand werden. So ist es auch bei der Wut. Das Maß und der Kontext des Feuers/der Wut ist relevant. Und deine Haltung zu ihr, d.h. die Bedeutung, die du ihr gibst. Ein Psychopath wird einen Hausbrand, den er gelegt hat, sehr wahrscheinlich sogar als richtig empfinden und sich freuen über diese furchtbare Tat. Ein Mensch mit gesundem Menschenverstand wird diese Tat als falsch einstufen und Wut in sich erzeugen, die er dann zur Handlung nutzen kann. Beispielsweise, um den Notruf zu rufen oder jemanden aus dem Haus zu retten. Angst würde hierbei eher lähmen und möglicherweise eine schnelle Handlung verhindern, genauso wie tief empfundene Trauer. Und diese Gefühle können in solchen und auch anderen Situationen überwältigend schnell wechseln.

„Das ist falsch.“ ist die Grund-Interpretation, die Wutkraft in dir aufsteigen lässt.

Gefühle entstehen grundsätzlich durch Gedanken, bzw. die Interpretationen, die du triffst. Ganz gleich ob bewusst oder unbewusst. Wie stark ein Gefühl in dir ist und ob es sich um ein reines, situativ gerechtes Gefühl oder eine aufgeladene, angestaute Emotion handelt, ist ganz individuell und hängt natürlich von der Situation und deiner Vergangenheit bzw. deinen Erfahrungen ab. Hast du beispielsweise in der Kindheit häufig Mobbing erlebt und es damals in dich rein-gefressen und erlebst Mobbing wieder als Erwachsener, könnte es sein, dass du sehr schnell Zorn und Hass gegenüber einem solchen Menschen erlebst und auch schnell über-reagierst, weil der angestaute Druck aus deiner Kindheit in dir ist. In solchen Fällen sprechen wir von Emotionen. Ein reines Gefühl, wie die Wut z.B. könnte dir in solch einem Moment helfen dich klar zu behaupten, in dem du deinem Gegenüber ganz klar sagst, was du von solch einem Verhalten hältst und ihn bestimmt darauf hinweist das zu unterlassen. Du könntest auch einfach die Situation verlassen. Auch das wäre Wut-Kraft. Die aufgeladene Emotion allerdings wird dich wahrscheinlich zu einer irrationalen, verhältnismäßig harten Handlung treiben. Beleidigungen, Irrationalität oder Gewalttaten könnten die Folge sein.

Es ist also zwingend notwendig zu unterscheiden, ob es sich um reine Gefühle oder Emotionen handelt, um Gefühle nicht leichtfertig aus dem eigenen Leben auszuklammern, denn das führt meist nur zu noch mehr Problemen und unlösbaren Schwierigkeiten. Wie die Differenzierung bei der Wut konkreter aussieht, möchte ich in den folgenden 2 Abschnitten erläutern.

 

Wenn du zu wenig Wut in deinem Leben erzeugst, brauchst du für jene Situationen, in denen du nicht wütend werden kannst oder willst, eine andere Handlungsstrategie.

In den meisten Fällen wählen Menschen mit zu wenig Wutkraft Trauer oder Scham. Statt der Interpretation „Das ist falsch.“ wählen sie dann die Interpretation „Das ist schade.“ oder „Ich bin falsch.“, was unangenehme Konsequenzen zur Folge haben kann. Statt die nötige Energie zu erzeugen, um entsprechend handeln zu können, machen sie sich selbst zum Opfer. Menschen, denen Wutkraft fehlt, isolieren oder verurteilen sich häufig selbst. Sie ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, resignieren, obwohl es Handlungsspielraum gäbe. Anstatt Position zu beziehen, für sich oder andere einzustehen, suhlen sich Menschen mit zu wenig Wutkraft häufig in Mitleid oder verletzen sich selbst. Der Melancholiker ist hierfür ein bekanntes Beispiel. Ein anderes Bild hierfür könnten auch übergewichtige Menschen oder Verletzungen an den eigenen Unterarmen sein. Auch ich habe lange Zeit meines Lebens dazu tendiert mich auf mein Zimmer zurückzuziehen, anstatt dem anderen Menschen zu begegnen. Ich habe den Konflikt / die Auseinandersetzung gemieden und stattdessen wurde ich dann häufig von urteilenden, zornigen Gedanken heimgesucht. Statt den Konflikt zu lösen, habe ich den Ärger in mich rein gefressen – „ich habe mich geärgert“. Damit habe ich mich selbst unterworfen und in Gesprächen mit anderen Menschen auf Verständnis gehofft, in dem ich mich als das arme Opfer und den anderen als den bösen Täter dargestellt habe. Ein Teufelskreis, der erst ein Ende nahm, als ich das Problem verstand und begann Wut wieder in mein Leben zu integrieren.

 

Wenn du zu viel Wut in deinem Leben erzeugst und zu leichtfertig die Interpretation triffst, dass etwas falsch ist, wirst du zu einem laufenden Pulverfass.

Hoch entflammbar und unberechenbar erscheinen uns solche Zeitgenossen. Der berühmte Choleriker, der ständig ausbricht – völlig unerwartet wie ein Vulkan. Damit schaden diese Menschen meist ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen, denn die erzeugte Energie muss schließlich irgendwo hin. Beleidigungen, Gewalttaten und unangemessene Forderungen können Folge von zu viel Wutkraft sein. Menschen, die zu viel Wut erzeugen, verkennen, dass sie in den entsprechenden Situationen nichts Angemessenes tun können und indem sie trotzdem die Interpretation „Das ist falsch.“ treffen, bringen sie sich in eine Sackgasse. Die erzeugte Wutkraft muss entladen werden. Meist passiert das auf gewaltsame und verletzende Art und Weise. Im besten Fall nur verbal, durch ungünstig gewählte Worte – im schlechtesten Fall kann zu viel Wut zu Zorn, Hass und dementsprechend zu Körperverletzungen und anderen heftigen Anschlägen führen. Ein Beispiel dafür: Ein dir sehr nahestehender Verwandter ist gestorben. Ein Angehöriger trifft die Interpretation, dass das falsch ist und sagt etwas wie „Dieses Arschloch, wieso hat er mich so früh verlassen? Das werde ich ihm nie verzeihen.“ oder er richtet die Wut gegen dich und sagt „Du bist alles schuld! Du bist schuld, dass er tot ist!“ Das habe ich tatsächlich bereits selbst erlebt. Und das passiert, weil Wut in solch einer Situation gar nicht angebracht ist. Ein anderes Gefühl würde helfen, doch weil der Mensch denkt, dass das, was passiert ist, falsch ist, erzeugt er Wut in sich und muss sie entladen. Er trifft eine falsche, unangemessene Interpretation. Er schadet damit seiner Umwelt, doch am meisten schadet er sich selbst. Ein Teufelskreis, der die eigene Seele zerfrisst.

Es ist der falsche Kontext oder ein unpassendes Maß der Wut, der die Menschen schnell ausbeuterisch und zerstörerisch handeln lässt und nicht die Wut an sich.

 

Wut an sich ist neutral. Im richtigen Maß und Kontext eingesetzt, ist es eine stärkende, schützende und hilfreiche Kraft. Du brauchst Wut beispielsweise, um klar „Ja“ und „Nein“ sagen zu können, um Entscheidungen zu treffen und eine klare Position zu beziehen. Du brauchst sie um für andere greifbar zu sein und um ernst genommen zu werden. Um klare Grenzen zu setzen und Ziele klar abzustecken. Um Projekte ins Leben zu rufen und auch um sie zu beenden. Es ist die Kraft, die dich vital und aktiv macht und Handlung ermöglicht.

Wenn du Wut als eine gewaltfreie Kraft erleben und sie so verwenden möchtest, dass sie dich an deine Ziele bringt ohne zu verletzen oder andere Menschen zu missbrauchen, ist es notwendig, dass du lernst Wut (und generell deine Gefühle) passend zum Kontext zu gebrauchen und sie angemessen auszudrücken. Du fragst dich wie das konkret funktioniert?

Hierfür lade ich dich herzlich zu meinem Seminar „Energy in MOTION“ ein.

Es würde mich wirklich freuen dich dort anzutreffen!

Für alle Fragen stehe ich dir gern zur Verfügung.

So oder so wünsche ich dir alles Gute und dass du eine gute Beziehung zu deiner Wut findest!

Mit herzlichen Grüßen,

Dawid